«Gut gemeint, aber weit über das Ziel hinaus!»

    Sowohl die Trinkwasser- als auch die Pestizidverbots-Initiative gefährden die regionale Produktion und verteuern regionale Lebensmittel, die Importe steigen und der Umwelt ist nicht gedient. Matija Nuic, Kampagnensprecher IG Zukunft Pflanzenschutz und Direktor Verband Schweizer Gemüseproduzenten VSGP, über die negativen Konsequenzen für die gesamte Wirtschaft, über die Wasserqualität in der Schweiz und das strengste Pestizidgesetz der Schweiz.

    (Bild: zVg) Matija Nuic, Kampagnensprecher IG Zukunft Pflanzenschutz und Direktor Verband Schweizer Gemüseproduzenten VSGP: «Die Initiativen sind kontraproduktiv: Sie verteuern Lebensmittel, fördern Food Waste und Einkaufstourismus und verhindern Innovation beim Pflanzenschutz»

    Gegen die beiden extremen Agrar-Initiativen wehren sich die Landwirtschaft, die Wirtschaft, die Forscher, die Gärtner und Landschaftspfleger sowie Konsumentinnen und Konsumenten. Wieso dieser grosse, breit abgestützte Widerstand?
    Matija Nuic: Die Initiativen bedrohen nicht nur die Existenz von Bauern, Gemüse-, Früchte- und Zierpflanzenproduzenten. Sie verteuern auch die Produktion vieler KMU und belasten das Portemonnaie der Konsumentinnen und Konsumenten massiv. Durch das Verbot von Desinfektionsmitteln (Bioziden) bei der Pestizidverbotsinitiative ist auch die Hygiene und Lebensmittelsicherheit in der Nahrungsmittelherstellung nicht mehr gewährleistet.

    Was sind Ihre Hauptargumente?
    Die Initiativen sind zu extrem und haben gravierende Auswirkungen. Sie verteuern und verknappen das Angebot regionaler Lebensmittel massiv. KMU, Mittelstand und sozial benachteiligte Personen bekommen die Preissteigerungen besonders zu spüren. Kaffee, Bier, Schokolade und weitere Konsumgüter werden massiv teurer oder verschwinden bei der Annahme der Pestizidverbots-Initiative.

    Haben denn diese beiden Agrarinitiativen, die ja unsere Umwelt und Gesundheit schützen wollen, keinen Mehrwehrt für die Umwelt und Trinkwasser?
    Die Initiativen sind gut gemeint, schiessen aber weit übers Ziel hinaus. Unter dem Strich schaden sie der Umwelt sogar, weil sie zu mehr Food Waste führen und ökologisch fragwürdige Importe und Einkaufstourismus fördern.

    Hand aufs Herz: Wie sauber sind denn unsere Böden und unser Trinkwasser wirklich, werden da nicht Grenzwerte überschritten und zu viele Pestizide eingesetzt?
    Grundsätzlich ist die Wasserqualität in der Schweiz sehr gut. In den letzten Jahrzehnten wurden Belastungen massgeblich reduziert. Bestehende punktuelle Probleme wurden durch die Politik bereits erkannt. Das Parlament hat jüngst das wohl strengste Pestizidgesetz Europas verabschiedet.

    Sie argumentieren, das Verbot von synthetischen Pestiziden kommt einem Innovationsverbot gleich. Erklären Sie das!
    Innovationen, etwa im Bereich der digitalen Landwirtschaft, können den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren, bedingen aber Investitionen in Forschung und Entwicklung, die bei einer Annahme der Initiativen kaum mehr möglich wären. Es besteht die Gefahr, dass neue und noch unbekannte Forschungsansätze nicht mehr finanziert werden. Technologieverbote lösen keine Probleme, führen aber zu Rückschritt und Wohlstandsverlust.

    Der Bund setzt als Alternative auf den Aktionsplan Pflanzenschutz. Wie soll das funktionieren und wieso stehen sie hinter diesem Vorschlag?
    Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist in der konventionellen Produktion in den letzten zehn Jahren um rund 40 Prozent gesunken – der Gebrauch von Herbiziden sogar um 45 Prozent. Mit dem neuen Pestizidgesetz, welches das Parlament im Frühling verabschiedet, wird der Verbrauch zusätzlich abnehmen. Die Risiken von Pflanzenschutzmittel müssen bis 2027 halbiert und es sollen Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz gefördert werden.

    Zum Abschluss kurz und bündig: Wieso soll man am 13. Juni zwei Mal Nein stimmen?
    Die Pestizidverbots- und Trinkwasser-Initiativen sind kontraproduktiv und gefährlich. Das Angebot an regionalen Produkten würde stark sinken und die Preise massiv steigen. Food Waste und Einkaufstourismus würden spürbar zunehmen. ProduzentInnen, KonsumentInnen, Schweizer Lebensmittelproduzenten und -Verarbeiter, Gewerbe, Gastronomie und KMU tragen den Schaden.

    Interview:
    Corinne Remund

    www.zukunft-pflanzenschutz.ch

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